Vergangenen Freitag machte ich mich frühmorgens auf zur Fähre, die
mich von Dar Es Salaam auf Sansibar bringen sollte. Für das Hin- und
Retourticket bezahlte ich rund 50 Euro und eine Fahrt dauerte in etwa 90
Minuten. Einheimische zahlen viel weniger, genauer gesagt 5 Euro pro Strecke,
was ich anfangs ein kleines bisschen rassistisch fand, doch es ist nun Mal
Tatsache, dass der Großteil von ihnen um einiges weniger verdient, verglichen
mit uns, für die ganz offensichtlich das Reisen in andere Länder leistbar ist. Bevor
wir die Fähre bestiegen, bekamen wir ein kleines Frühstück und ein
Plastiksackerl gereicht. Vor einigen Tagen las ich im Internet, dass auf
Sansibar Plastiktüten strengstens verboten sind, was ich irrsinnig toll finde. Sogar
ein dritte Welt (wer hat sich eigentlich die bescheuerte Bezeichnung „dritte
Welt“ und „erste Welt“ einfallen lassen? Das ist so abwertend. Und wo ist
eigentlich die zweite Welt?) Land, oder besser gesagt eine dritte Welt Insel
bringt es zusammen, Plastiktüten zu verbieten, können wir uns daran bitte ein
Beispiel nehmen? Naja, wie dem auch sei, als wir die Fähre bestiegen, bekamen
wir -wie soeben erwähnt- ein Plastiksackerl ausgehändigt, was zwar mit dem
Gesetzt nicht ganz zusammenpasst, doch genau gesehen befanden wir uns ja noch
in Dar Es Salaam. Die Säcke wurden von dutzenden Menschen benötigt, da sie
seekrank wurden. Mir tat der Wellengang zum Glück gar nichts und so konnte ich
mich voll und ganz auf die kommende Woche freuen. Ich hatte eine kleine Auszeit
bitter nötig, ich war so müde und erschöpft, wollte nur mehr schlafen- am
besten am Strand, im Schatten einer Palme. Wenn ich dem Meer nahe bin, fühlt
sich immer alles in Ordnung an und auch dieses Mal setzte ein Zustand tiefer
Ruhe ein, sobald ich die Fähre betrat. Die Möwen tanzten im Rhythmus der
Wellen, vereinzelt waren Fischerboote, bei denen ich Angst hatte, dass sie
jeden Augenblick kenterten, zu sehen. Vor mir stand ein Mann, dessen Ohr ein
Schussloch aufwies. Neben mir saß ein Teenager, der vermeintlich heimlich
versuchte, mit der Frontkamera seines Handys ungeniert ein Foto gemeinsam mit
mir zu knipsen. Kurz bevor er abdrückte, streckte ich die Zunge raus. Es war
ihm furchtbar peinlich, als er das Bild sah. Ein paar Reihen weiter hinten
telefonierte offensichtlich ein Deutscher mit seinem Kumpel. Er führte ein
Gespräch, wie er es definitiv nicht getan hätte, hätte er gewusst, dass ihn
jemand verstand. Schräg vor mir saß eine Frau meines Alters, dessen Arme von
hunderten kleinen Narben überseht waren. Wie die sich gehasst haben muss! Ich
musste sie immer wieder anstarren und ihr Anblick trieb mir Tränen in die
Augen.
Den ersten Tag verbrachte ich in Stone Town, der Hauptstadt von
Sansibar. Es ist eine verwinkelte, urige Kleinstadt und ich fühlte mich auf
Anhieb wohl. Ich kaufte Bananenchips, Ölgemälde und Holzfiguren als Souvenirs
und vermutlich wird bei der Gepäckswaage am Flughafen mein Dackelblick wieder
zum Einsatz kommen müssen. Während ich mir anfangs nie getraut hatte zu
handeln, hatte ich es jetzt schon richtig drauf, so ersteigerte ich ein Gemälde
um nur 45 000, anstatt 160 000 Schilling- mein bisher bester Deal. Drei
Einheimische sprachen mich unabhängig voneinander an, dass sie mich am
Nachmittag bereits gesehen hatten. Mit einer großen runden Sonnenbrille,
bepackt mit einem riesigen Koffer und Jackfruit essend am Meer. Sie alle hatten
Recht, das war ich. Führten die Buch über alle Touristen? Wie dem auch sei- ich
fühlte mich geehrt. Abends besuchte ich den Nachtmarkt, an dem Fisch- und
Garnelenspiese, frischgebackenes Knoblauchbrot, Zuckerrübensaft und süße
Früchte angeboten wurden. Ich kostete mich durch das Sortiment, während ich
unzählige Jugendliche beobachtete, die im Schimmer des Sonnenuntergangs Saltos
ins Meer machten, um Touristen zu imponieren. Zurück in meinem Hotel, wurde ich
mit einem aus Blüten und Blättern auf meinem Bettlaken gezeichneten „Hakuna
Matata“ begrüßt, vermutlich als kleiner Trost, da meine Klimaanlage kaputt war.
So hatte ich bloß einen Ventilator zur Verfügung und obwohl ich Hände und Beine
in alle vier Himmelsrichtungen ausstreckte, war an absolut keinen Schlaf zu
denken. Ich schwitzte die Bettlaken nass und wünschte mir zum ersten Mal in
meinem Leben Winter herbei- nur für eine Nacht.
Die restlichen Tage verbrachte ich großteils kokosnussschlürfend (hier klettern die Beachboys tatsächlich noch vor deiner Nase auf Palmen, um dir eine frische Kokosnuss zu holen) am
Strand, was mir eine unverschämt knackige Bräune verlieh. Ich ließ die Seele
baumeln und verarbeitete bei hervorragendem Fisch und Meeresfrüchten, sowie exotischschmeckenden
Cocktails das Erlebte. Ich ließ es mir so richtig gut gehen, lebte nach zwei
Monaten endlich wieder einmal in Saus und Braus. Ab und an spazierte ich an den
endlosen, weißen Sandstränden entlang, wo ich unvernünftig viele Muscheln sammelte oder ich streichelte im Nachbarswald des Hotels kleine, herzallerliebste Äffchen und zwischendurch machte ich es mir in der Hängematte am Hotelpool gemütlich- in der einen
Hand ein Buch, in der anderen ein frischgepresster Fruchtsaft. Nach -abgesehen
von einem kurzen Heimaturlaub über Weihnachten und Silvester- sieben Monaten
Afrika bin ich nun wieder bereit für die Zivilisation, tell the world I’m
coming home- wenn auch nur für zwei Wochen.
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