Nachdem mein Tansania-Tagebuch so gut bei euch angekommen ist, habe
ich beschlossen, von nun an ab und an einen Auszug meines Tagebuchs zu
veröffentlichen.
11. Mai: Ich darf mich nun als stolze Eigentümerin von exakt acht
chinesischen Visitenkarten mit Namen, die ich nicht lesen, geschweige denn
aussprechen kann, nennen. Deren Besitzer wiederum dürfen sich über unzählige
Bilder mit mir auf ihren Kameras freuen. Am Wochenende wurde nämlich in Nizza von
mehr als 6400 Chinesen ein Weltrekord aufgestellt (largest human sentence) und
ihr könnt euch bestimmt vorstellen, dass es in der Stadt nur so von Selfiesticks,
deren Besitzer allesamt gleich bekleidet
waren und, während jeder noch so kleine Kieselstein fotografiert wurde, der
Fremdenführerin schnurstracks in Zweierreihen folgten, gewimmelt hat. Manche
Kulturen sind einfach so verschieden- wer weiß, vielleicht ziert eins meiner
Bilder ja sogar ganz bald ein chinesisches Fensterbrett. Bei dem Tamtam was die
um meine Fotos gemacht haben kann ich mir das zumindest ganz gut vorstellen.
12. Mai: Kennst du das, wenn du eins mit ihm sein möchtest, zu Einem
verschmelzen willst, wenn nur du und er zählen, du nichts von all dem was rund
um dich passiert, mitbekommst, wenn du weinst und lachst, beides gleichzeitig,
weil du so überwältigt bist, wenn du furchtbar böse bist und dir dennoch ein
Grinsen nicht verkneifen kannst, weil er dir seinen liebsten Dackelblick
schenkt und dich genau da anfasst, wo du es so gerne hast. Wenn ein Blick
reicht und du genau weißt, was er gerade denkt. Wenn du dich manchmal nur im
Bettchen verkriechen willst, weil dir die Welt zu viel wird und nur durch ein
paar Worte wieder alles in Ordnung ist. Wenn du zusammenhältst, egal was
passiert. Wenn du ihn so sehr vermisst, dass dein Herz schmerzt.
13. Mai: Als hätte mein Mister meinen gestrigen Tagebucheintrag
gelesen, kam er heute zu mir und wisst ihr was? Er bleibt ganze zehn Tage- ich
freu mich so! (Natürlich hat er den Flug schon vor Längerem gebucht und
natürlich wusste ich das auch, aber kurz bevor man sich sieht, ist das mit dem Vermissen
irgendwie immer am schlimmsten.)
14. Mai: Manchmal lese ich Sprüche oder Gedichte, bei denen ich mir
wünsche, ich hätte sie verfasst. Dieser ist einer davon: „Und wir sind hoch
geflogen und wir sind so derbe tief gefallen. Und es war schön. Es war Leben.
Wir sind hier und wir sind jetzt. Und wenn ich morgen sterbe, aus irgendeinem
beschissenen Grund, dann weiß ich, ich habe gelebt.“
15. Mai: Für ganze 13 Minuten befürchtete ich heute, in einer
öffentlichen Toilette inmitten von Genua still und unbemerkt sterben zu müssen.
Ich war eingeschlossen, keiner half mir und mein Mister, der mich dann
schließlich von meiner misslichen Lage befreite, vermisste mich offensichtlich
auch erst nach 13 Minuten.
16. Mai: Gelati als Frühstück, Gelati als Mitternachtssnack- das ist
Italien! #eataly
17. Mai: Ich habe mir heute neue Sportschuhe bestellt. Zur
Verteidigung: Zu meinen Dellen, die sich unbemerkt von meiner Pofalte über
meine Oberschenkel ausbreiten, gesellen sich nun langsam oder doch noch
hängende Oberarme. Nicht so sexy.
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