Montag, 26. Jänner 2015
News des Tages (da ich in vollkommener Abgeschiedenheit
lebe, hab ich ja -abgesehen von donnerstags- absolut keinen Kontakt zur
Außenwelt und somit keinen blassen Schimmer, was derzeit am Erdball so vor sich
geht und genau deswegen sind Neuigkeiten in dieser Art derzeit ein absolutes
Highlight für mich): Unsere fürsorgliche Katzenmami hat samt ihren fünf
herzallerliebsten Sprösslingen ganz still und heimlich ihr Zuhause gewechselt-
vermutlich weil die Kids samt mir ununterbrochen mit ihnen geknuddelt haben
(ich höchstwahrscheinlich am allermeisten). Doch wie ihr sehen könnt, habe ich
ihr neues Versteck entdeckt- tja, Pech gehabt, sie werden mich nicht ganz so
einfach los ;-)
(Herzallerliebst, nicht wahr?)
Dienstag, 27. Jänner 2015
Meine Verkühlung ist zwar weg (und auch der
Serviettenvorrat der Küche), dafür ist mein Geschmackssinn wieder da und das
gefällt mir ehrlichgesagt nicht so gut, denn das bedeutet, dass ich nun das
Essen, welches Aga und Mary, quasi unsere beiden Mädchen für alles, tagtäglich
auf unsere 22 Tellerchen zaubern, erstmals mit allen Sinnen schmecken kann. Es
gibt jeden Tag das gleiche und zwar Ugali. Zwei Mal. Sowohl mittags, als auch abends.
Nur die Beilagen variieren. Da gibt es mal Bohnen, mal Linsen und mal
Kartoffeln. Und ab und zu ein ganz kleines bisschen Gemüse. Ungefähr eine
Messerspitze pro Person. Doch dafür gibt es Ugali en masse, Ugali soweit das
Auge reicht, Ugali, Ugali, Ugali. Ugali ist ein Wassermehlgemix ohne irgendwas.
Bloß Wasser und Mehl. Aus basta. Und es schmeckt genauso, wie es klingt. Es
füllt halt und das ist hierzulande die Hauptsache. Wie gesagt gibt’s sieben Mal
pro Woche und zwei Mal pro Tag -abgesehen von Dienstagsabend (da ist Pastatag,
mein Lieblingstag und das obwohl die Nudeln hier so lange gekocht werden, bis
man ihre ursprüngliche Form nur mehr mit ganz viel Fantasie erahnen kann)- also
13 Mal insgesamt Ugali und ich kann’s nicht mehr sehen und riechen, geschweige
denn schmecken. Doch anscheinend liebt’s die gesamte Bevölkerung Tansanias-
recht ist’s. Obwohl heute Dienstag, und somit Pastatag ist, gab es
ausnahmsweise keine Pasta, da der Laden, der normalerweise ein paar wenige
Packungen Nudeln verkauft, keine Nudeln mehr übrig hatte. Dafür kam heute ein
Festmahl auf den Tisch, wie es unsere Kiddies ansonsten nur an Weihnachten und
vielleicht auch noch an Ostern erleben dürfen. Es gab eine Suppe, oder besser
gesagt einen Brei, bestehend aus Bohnen, Linsen, Kartoffeln, ganz vereinzelt
Karottenstückchen (da musste man aber schon ganz genau hinschauen) und Ugali-
what else. Es war ein Gaumenschmaus für alle Anwesenden. Nur ich, ich muss mich
wohl noch daran gewöhnen. Ach ja und übrigens, ich dachte immer, ich muss nach Indien fahren um mit den Fingern essen zu dürfen, doch
auch in Tansania wird ausschließlich mit der Hand gegessen (mit der rechten
natürlich, denn wie ich am 29. Jänner bereits erwähnte,
wird die linke Hand auf der Toilette benutzt). Mahlzeit!
(Igy bereitet Ugali vor)
Mittwoch, 27. Jänner 2015
„Europäer haben Uhren, Afrikaner die Zeit“.
Davon kann ich nun ein Lied trällern. Nachdem ich vergangeneWoche am 20. Jänner beauftragt wurde, den Kiddies aufgrund quasi
dauerhaften Läuseplagen in den Schulen, die Haare zu scheren, der Rasierer
jedoch versagte, ging ich gestern mit ihnen zu Friseur. Besser gesagt, wir wollten zum Friseur gehen. Da keiner
wusste, wo er ist, fragten wir unseren Nachbarn, der uns -nun eigentlich den
Kids, denn ich verstehe kein swaheli und er weder deutsch, englisch,
französisch oder spanisch- daraufhin den Weg genauestens verdeutlichte. Ich
machte mich also mit 11 von meinen 17 Sprösslinge auf den Weg und als nach
gefühlten 5 Kilometern die eine erste Wegabzweigung, von der der Mann offenbar
gesprochen hat, immer noch nicht kam, wurde ich stutzig. So fragten wir einen
alten Herrn, der uns entgegenkam, wo der Friseur wäre. Dieser meinte -erneut zu
den Kindern-, dass wir am richtigen Weg seien, aber dass wir bestimmt nicht vor
Sonnenuntergang dort sein werden und deswegen beschloss ich, dass wir uns
lieber auf den nachhause Weg machen sollten. Nun ja, heute wagten wir dann
einen zweiten Versuch, jedoch zu dem Friseur im Norden, nicht zu dem im Osten.
Anscheinend ist der zwar teurer (er verlangt pro Haarschnitt 30 anstatt 25 Cent- kann ich mir gerade noch leisten),
dafür aber näher. Und stellte euch vor, nach knappen zwei Stunden Fußweg fanden
wir tatsächlich dessen Haus. Dessen leerstehendes Haus (beziehungsweise eher
dessen leerstehende Lehmhütte). Die Nachbarin meinte, er komme bestimmt gleich
heim. Wir setzten uns geduldig (offen gestanden wurde ich bereits nach nur 5
Minuten ungeduldig, die Kids sind jedoch im Gegensatz zu mir allesamt die Ruhe
in Person und hätten möglicherweise 5 Tage auf ihn gewartet) vor seine
Bruchbude und ich genoss es, mit geklauten Pfirsichen von den Kindern beschenkt
zu werden. Als nach exakt 2,5 Stunden weit und breit immer noch kein Friseur in
Sicht war, beschloss ich erneut, dass wir heimgehen. Drei Versuche sind genug,
sollen die Kiddies von mir aus die ärgste Läuseplage erleiden, die Tansania
jemals gesehen hat.
Donnerstag, 28. Jänner 2015
Haha, in der vergangenen Nacht träumte ich,
dass mein gesamter Kopf voller Läuse war und mir Bibi Kay deswegen eine Glatze
verpasste. Tja, kleine Sünden straft der Liebe Gott sofort!
Freitag, 29. Jänner 2015
Heute waren wir gemeinsam mit einigen
Familienmitglieder von unseren 17 Sprösslingen auf unseren Feldern arbeiten.
Eine Familie muss hier jährlich 40 000 Schlilling (ja, die haben hier
Schilling), das entspricht umgerechnet in etwa 18 Euro, bezahlen, damit deren
Waisenkind hier bei uns im sunrise children’s home sein darf und da manche
Verwandten das Geld nicht aufbringen können, mussten sie’s heute eben körperlich
abarbeiten. Viele geben mir hier das Gefühl, reich zu sein, was ich als sehr
unangenehm empfinde. Doch sie haben Recht, im Gegensatz zu denen bin ich sogar
steinreich. Ein normaler Arbeiter verdient hier pro Monat umgerechnet zwischen
10 und 30 Euro- ein Lehrer und das ist hier ein äußerst angesehener Beruf,
bekommt monatlich um die 50 Euro. Im Verhältnis zu dem sind die 18 Euro dann
eigentlich wirklich ganz schön viel. Doch die Lebensmittel sind natürlich auch
um ein Vielfaches billiger (was jedoch keinesfalls den geringen Monatslohn
rechtfertigt!), so zahlt man beispielsweise für 50 Bananen 2 Euro, für eine
nigelnagelneue Schuluniformhose 4 Euro, für einen Kilo Passionsfrucht 40 Cent
und für ein, für diese Verhältnisse schon fast nobles Essen mit allem Drum und
Dran, 3 Euro. Apropos Geld: Ich wurde von euch jetzt schon mehrmals gefragt, ob
ich was verdiene, beziehungsweise ob ich etwas bezahlen muss, um hier im
Waisenhaus mithelfen zu dürfen. Nun ja, als mir rund um Weihnachten die Idee in
mein Köpfchen schoss, für eine gewisse Zeit in einem dritte Welt Land leben und
mithelfen zu wollen, informierte ich mich anfangs bei diversen Organisationen.
Doch dort musste man, abgesehen von Flug, Unterkunft und Verpflegung, in den
meisten Fällen zusätzlich pro Monat zwischen 700 und 1000 Euronen bezahlen.
„Spinnen die?“ dachte ich mir und ich war kurz davor, die Idee zu verwerfen.
Doch wer mich kennt weiß, dass ich nie aufgebe (abgesehen von Briefe, haha, ich
hab heute wohl wieder mal in der Witzkiste geschlafen) und deswegen schrieb ich
auf gut Glück noch ein paar Waisenheime direkt an, die ich auf Google fand. Und
ich hatte wie immer Glück: Ich bekam eine sofortige Zusage samt kostenloser
Unterkunft, Verpflegung inkludiert. Und dann ging alles ganz schnell: Ein paar
Tage später buchte ich den Flug (Hin- & Retour hat mir, genauer gesagt
meinen Eltern, denn sie haben ja eine sooo brave und soooo soziale Tochter,
insgesamt 530 Euro gekostet), legte einen Impfmarathon hin (dafür bezahlte ich
wohl auch noch mal um die 400 Euro, doch diese Impfungen halten mindestens 10,
wahrscheinlich sogar 15 Jahre, an und ich hätte sie vermutlich ohnehin in den
nächsten Jahren aufgrund diverser Reisen machen lassen müssen) und flog dann
nicht einmal zwei Wochen später hier her. Abgesehen von den zahlreichen
wunderschöngemusterten Stoffen, die ich mir bei den wöchentlichen Stadtbesuchen
um etwa 3-4 Euro leiste, brauche ich hier für die zwei Monate sogut wie keinen
Cent. Sozusagen kann man ja sogar sagen, dass ich Geld spare oder ja, zumindest
habe ich geringer Ausgaben, als wenn ich in meiner Heimat leben würde.
Samstag, 31. Jänner 2015
Wie ihr bereits im vorigen Eintrag erfahren
habt, arbeiteten wir gestern den ganzen Tag lang am Feld. In der
darauffolgenden Nacht war mein Körper so heiß, ja ich glühte regelrecht und
kurz fürchtete ich, an Malaria erkrankt zu sein. In meiner Panik hegte ich
sogar schon den Gedanken, mir die 80 Euro teuren Malariatabletten einzuwerfen,
doch zum Glück entschied ich mich dagegen. Ich leide nämlich nicht an Malaria,
sondern habe mir einen richtig, richtig üblen Sonnenbrand eingefangen und dank
meines purpurroten Schädels falle ich jetzt hier und Uhekule noch mehr auf.
Sonntag, 1. Februar 2015
Schön langsam bekomme ich das Gefühl, zu
viel Liebe für meine 17 Sprösslinge zu hegen. Nun, zu viel Liebe gibt es ja
eigentlich nicht, doch es breitet sich bereits jetzt ein ganz mulmiges Gefühl
in meinem Herzchen -genau da wo’s auch kneift, wenn man an Liebeskummer leidet-
aus, wenn ich nur daran denke, dass ich sie in weniger als sechs Wochen schon
wieder verlassen muss. Sie überhäufen mich tagtäglich mit so unglaublich viel
Liebe, die sich nicht einmal annähernd in Worte fassen lässt. Einige von ihnen
wuchsen in abartig grausamen Verhältnissen auf- es wurde getrunken, geschlagen,
missbraucht und weiß der Kuckuck was noch alles. Ich wage es gar nicht, es
auszusprechen, so entsetzlich bestialisch waren die Zustände laut deren
Schilderungen. Sie erlebten jahrelang keine Liebe und das muss und soll natürlich
alles aufgeholt werden. Sie genießen es,
streicheln, küssen und lieben zu dürfen. Und ich genieße es mindestens genauso,
gestreichelt, geküsst und geliebt zu werden. 17 wahrlich nicht stumme Schreie
nach Liebe.
(Die vermutlich allerbesten Freundinnen,
die’s auf Erden gibt: Sessi, Atu und Halima)
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