Montag, 10. Februar 2015
Heute arbeiteten wir auf unseren Äckern,
genauer gesagt streuten wir Kuh-, Hasen- und Hühnerscheiße, die wir zuvor
sorgfältig in löchrige Säcke füllten, weshalb wir auch wohl mehr als die Hälfte
am Weg zum Feld verloren haben, als Dünger rund um unsere 70 Avocadobäume. Ich
nahm Shadow, den wahrscheinlich herzallerliebsten Hund weltweit, mit, was sich
im Nachhinein als eine mehr schlechte als rechte Idee herausstellte. Denn als
eine zehnköpfige Frauenschar, die allesamt riesige Behälter, befüllt mit soeben
geernteten Kartoffeln, auf ihren Köpfen trugen, an uns vorbeiging, lief Shadow
auf sie zu, woraufhin die Frauen wild herumgackerten und um ihr Leben rannten,
oder zumindest so schnell, wie es ihre langen Kongas erlaubten. Dabei fielen
ihre Behälter auf den Boden und die Kartoffeln flogen in alle Himmelsrichtungen
durch die Gegend. Warum zum Teufel hat mir keiner gesagt, dass die Mehrheit der
Einheimischen irrsinnige Angst vor Hunden hat?!
Dienstag, 10. Februar 2015
Den Großteil der letzten Wochen genoss ich
es, in Abgeschiedenheit zu leben, Abstand zu meiner Welt zu haben. Es tut gut,
für sich alleine zu sein, ohne Internet, Handy & Co. Ein Leben wie dieses,
ist genau das, was ich wollte und brauchte, doch gestern, am 12. Geburtstag
meines kleinen Schwesterchens, meines kleinen Mini-Me’s, dem Menschen, der mir
mehr als alles andere bedeutet, verspürte ich das erste Mal in meinem Leben so
etwas wie Heimweh. Es war ein mir gänzlich fremdes Gefühl, litt ich doch die
meiste Zeit meines bisherigen Seins am Gegenteil, an Fernweh. Doch die
Sehnsucht nach meinem Zuhause, einer heißen Dusche, sättigendem Essen, guten
Gesprächen, nach -wie ich es zumindest noch bis vor ein paar Wochen benannt
hatte- Normalität schien schier unerträglich zu sein, ich war untröstlich. Ich
erzählte den Babykatzen von meinem Kummer, wobei meine Trauer noch größer wurde,
denn ganz plötzlich musste ich an Billy, meinen vor 11 Jahren verstorbenen
schwarz-weißen Kater, denken und obwohl es länger her ist, als die Hälfte
meines Lebens, war der Schmerz über den Verlust größer, denn je zu vor. Ich
wusste nicht, was los war mit mir, ich war mir fremd. Tränen kullerten über
meine Wangen, die von den sanften Pfoten der Katzen, begleitet von beruhigendem
Schnurren, getrocknet wurde. Was blieb, war ein nach Salz schmeckendes Rinnsal,
das sich in der Wölbung meines Schlüsselbeins sammelte
und sich wohl irgendwann in Luft auflöste. Ich versuchte, den salzig-bitteren
Geschmack in mir mit meinem gesamten Essensvorrat, den ich aus Österreich
mitgebracht hatte, hinunterzuspülen, doch vergeblich. Daraufhin verstärkte ich das
mir bisher fremde Gefühl mit Musik, ich war eine Dramaqueen, zelebrierte den
Schmerz weitaus besser als ein Hollywood-Schauspieler, so, als bekäme ich dafür
Applaus.
Mittwoch, 11. Februar 2015
Nachdem unser Kalb Mimosa nun vier Monate
alt ist, ist es an der Zeit, dass ihre Mutter Lucky wieder trächtig wird. Da
sich hier jedoch weit und breit kein Stier befindet, marschierte unser hilfsbereite
Nachbar gestern mit ihr ins nächstgelegene Dorf, welches sich in 12 Kilometer Entfernung
befindet. Nachdem die beiden spätabends um die Wette keuchend ihr Ziel
erreichten, durfte, oder genauer gesagt sollte, Lucky eine heiße Nacht mit dem
dort beheimateten Stier verbringen, doch, da der Stier zu klein, oder Lucky zu
groß war, konnte unglücklicherweise kein Geschlechtsverkehr stattfinden. Tja,
jetzt müssen wir in 28 Tagen wohl den Fußweg ins 15 Kilometer entfernte Dorf
auf uns nehmen, um Lucky schwanger zu machen.
Donnerstag, 12. Februar 2015
Die drei Angestellten vom Waisenheim hatten
bis zum heutigen Tag noch nie etwas von Österreich gehört- sie dachten bis vor
wenigen Minuten, ich käme aus Australien (ich nehme das jetzt mal als
Kompliment für meine Englischkenntnisse an- dass zwei von ihnen kein Wort
Englisch sprechen, muss ja keiner wissen). Verdammt noch mal ja, auch wenn es
auf der Landkarte nur die Größe einer Fingerspitze hat- es gibt es ein Land
namens Austria!!! Und nein, dort leben keine Kängurus.
Freitag, 13. Februar 2015
Apropos Angestellte: Unsere drei
Mitarbeiter sind -gelinde ausgedrückt- nicht die hellsten Köpfchen, wodurch
meine Nerven tagtäglich auf eine sehr, sehr harte Probe gestellt werden. Ich
hab mich ja bereits daran gewöhnt, dass sie alles im Schneckentempo erledigen
und sauber machen, indem sie den Dreck hinter den nächstgelegenen Schrank oder
manchmal zumindest direkt vor die Türe kehren, doch heute trieben sie es eindeutig
zu weit: Bibi Kay, die Gründerin des Waisenheims, befahl, unsere Kuh Lucky
inmitten der saftig grünen Weide anzubinden, um nicht zu den Gemüsebeeten zu
gelangen. Nun ja, gesagt getan. Doch wisst ihr wo sie angebunden wurde? Mit
einem Seil an einer 40 Zentimeter langen Holzsprosse, die sie seelenruhig
hinter sich herzog, als sie durch die Beete spazierte und sich ihre
Geschmacksnerven am frischen Gemüse erfreuen durften.
Samstag, 14. Februar 2015
Heute ist Valentinstag und ich hab nicht
einmal die Möglichkeit, meinem Mister zu diesem Anlass einen kitschigen
Liebesbrief, geschweige denn eine schnulzige SMS zukommen zu lassen. Es gibt hier
weder eine Post, geschweige denn Tauben, die meine nach Liebe schreienden Botschaften
sicher ans andere Ende der Welt, genauer gesagt nach Wien, überliefern könnten.
Es ist eine riesige Herausforderung, wenn man zwei Monate lang, sogut wie
nichts voneinander hört, aber wir meistern das bravourös, haben wir in den
letzten sechs Jahren bereits ein mächtiges Fundament gebaut. Ja richtig gehört,
bald starten wir ins verflixte siebte Jahr und das mit gerade Mal 23 Jahren.
2009 ist eigentlich kein Jahr, in dem sich 17-jährige Teenager verlieben, um
für viele gemeinsame Jahre, wenn nicht sogar für den Rest ihres Lebens,
zusammenzubleiben (oh wie erschreckend alt wir im Vergleich zu damals jetzt
sind!). In dieser Zeit haben wir manches zerstört, dafür um einiges mehr geschafft-
es ist so schön, besser gesagt das allerschönste Gefühl überhaupt, wenn man mit
dem besten Freund und Seelenverwandten ein gemeinsames Leben leben darf. Und
irgendwann in den nächsten Jahren habe ich bestimmt das Bedürfnis, sesshaft zu
werden, denn: „Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir - für immer." Ich
bin so stolz auf uns!
Sonntag, 15. Februar 2015
Ist es moralisch vertretbar, sich von
hungernden Kindern mit Pfirsichen, geklaut von den Bäumen noch mehr hungernder
Menschen beschenken zu lassen? Diese Frage lässt den ersten Biss in die
steinharte Frucht bittersüß schmecken, doch wenn ich in die 17 dunklen Augenpaare,
in denen vor lauter Pechschwärze die Pupillen beinahe nicht erkennbar sind, schaue,
die 17 Augenpaare, die mich erwartungsvoll und voller Glück anlächeln, dann
vergesse ich die Bittersüße und verschlinge lustvoll den steinharten, dafür
aber nach ganz viel Liebe schmeckenden Pfirsich.
(würden nur nicht so viele Pläne für die
nächsten Jahre in meinem Köpfchen herumschwirren, die sich zweifelslos besser
kindeslos verwirklichen lassen, würde ich meine zuckersüße Sessi auf der Stelle
adoptieren)
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